Diese Erzählung entstand im Jahr 2000 und wurde von den britischen Bergsteigern George Herbert Leigh Mallory und Andrew Comyn Irvine inspiriert. Im Jahr 1924 wagten sie den Gipfelsturm auf den Mount Everest, kehrten jedoch nicht zurück und blieben lange verschollen.

 

 

Die fast komplett erhaltene Leiche George Mallorys fand man fünfundsiebzig Jahre später knapp unterhalb des Gipfels der Nordflanke, sein junger Begleiter blieb unauffindbar... die Geschichte regt bis heute zu Spekulationen an und hat in mir den Wunsch geweckt, sie nach meiner eigenen Vorstellung niederzuschreiben.

Viel Spaß beim Lesen!

 

 

 

 

FURCHTLOS ZUM HIMMEL (I)

 

 

 

 

 

 

 

Kapitel 1

 

 

 

Der trübe neblige Februarmorgen des Jahres 1923 war nicht dazu erschaffen, aus mir einen unerschütterlichen Optimisten zu machen, was unsere Reise betraf. Ich war zu früh, am Pier standen erst wenige Passagiere, die mit uns die Überfahrt von Liverpool nach Bombay unternehmen wollten. Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, warum ich hier stand und es nicht erwarten konnte, aufzubrechen. Ich hatte eine Familie, eine gut bezahlte Arbeit als Lehrer, die ich für diese Exkursion gekündigt hatte, ein schönes Haus am Rand von London und nette Nachbarn. Es gab nur eine Erklärung für meinen Entschluss; ich musste verrückt sein.

Natürlich war von meinen Gefährten noch keine Spur zu sehen, ich genoss den Ruf eines notorischen Frühaufstehers. Ich warf einen Blick auf die Schweizer Taschenuhr, die mir meine Frau letztes Jahr zum 35. Geburtstag geschenkt hatte. Ich dachte daran, dass Emily die beiden Großen jetzt bald zur Schule bringen würde und John vor seinen Klassenkameraden damit prahlte, dass sein Vater in abenteuerlicher Mission unterwegs war, den höchsten Berg der Welt zu bezwingen, ein wahrer Held, der in die Geschichte eingehen würde. Die Wirklichkeit sah, wie so oft, anders aus.

Ich war kein Freund dieses Berges, der monströs, ja fast bösartig und mit nicht zu überbietender Arroganz 8848 Meter hoch in den Himmel ragte. Vor nicht ganz zwei Jahren hatten wir unsere erste Expedition gestartet, die an schlechter Witterung und zwei Todesfällen gescheitert war. Für den Tod der Sherpas fühlte ich mich verantwortlich, ich hatte sie – von unstillbarem Ehrgeiz getrieben - weitergedrängt, obwohl Morrow, unser Führer, dessen Stellvertreter ich war, vor unsicherem Gelände und Lawinengefahr gewarnt hatte.

Aufgrund dieses Vorfalls hatte es einiger Überredungskunst von seiten meines alten Freundes Grant bedurft, an der jetzigen Tour teilzunehmen, ich stellte die Bedingung, dass auch jüngere Kletterer dabei waren, und er setzte alles daran, diese ausfindig zu machen. Tatsächlich begegnete er einem Oxfordstudenten namens Timothy A. C. Milford, von dem er mir in den höchsten Tönen vorschwärmte. Ich musste grinsen bei der Erinnerung, wie der sonst so kühle Grant den vorbildlichen Körperbau und die unglaubliche Geschicklichkeit des Jungen pries. Nebenbei bemerkt, hatte er ihn nur einmal am Berg gesehen, was mich skeptisch werden ließ. Grant jedoch behauptete, Milfords Körpergefühl sei dermaßen außerordentlich, dass er bedenkenlos auch den höchsten Gipfel meistern würde, was ihm ja ohnehin nicht abverlangt werden würde. Zudem wüsste er hervorragend mit den neuartigen Sauerstofflaschen umzugehen, vielleicht besser noch als er selbst, der letztes Mal diese Aufgabe übernommen hatte. Das wäre kein allzu großes Kunststück, wir alle hielten nicht besonders viel von dieser Erfindung, die in unseren Augen nicht mit dem britischen Pioniergeist zu vereinbaren war, und Grant hatte sich dementsprechend intensiv mit dem Oxygen beschäftigt – nämlich überhaupt nicht. Ein angehender Ingenieur, der für alles Technische zu begeistern war, könne deshalb nur von Nutzen sein.

Eben auf diesen und zwei weitere Begleiter wartete ich gerade; ich kannte nur einen von ihnen persönlich, den alten Dr. Boothwell, ein großartiger Kollege und Chirurg. Überhaupt waren erstaunlich viele Mediziner dabei, unsere Reise sollte ebenso der Forschung wie auch der Reputation Britanniens dienen; ich hoffte nur, dass ich mir außer der üblichen Beschwerden in großer Höhe nichts Ernstes einfangen würde. Jeremy Haskiell war gleichfalls Arzt, wenn auch auf weniger gehobenem Niveau: er hatte im Krieg massenweise Arme und Beine amputiert. Ich stellte ihn mir wie einen Schlachter vor, klein, dick und von roter Hautfarbe.

Langsam wurde es voll auf dem Quai. Menschen verabschiedeten sich tränenreich von ihren Lieben, ich war froh, dass ich Emily und den Kindern das erspart hatte. Ein auffallend blonder Knabe zog meine Aufmerksamkeit auf sich, er stand unmittelbar mir gegenüber und schulterte einen arg mitgenommenen Rucksack, seine Augen, von einem bestechenden Grün in einem leicht gebräunten, schmalen Gesicht, schweiften suchend über den Pier. Unwillkürlich spekulierte ich darüber, was er wohl angestellt hatte, dass man ihn nach Indien strafversetzte, wahrscheinlich eine Mädchengeschichte, das war nicht selten auf den getrennten Internaten. Ich konnte den Blick nicht losreißen und beschloss, ihn ein wenig zu beobachten, sein angenehmes Äußeres zog mich beinahe magisch an. Als er in der Menschenmenge unterging, verspürte ich ein leises Bedauern über die verpatzte Gelegenheit, ihn anzusprechen. Seufzend wandte ich mich der R.M.S Victoria zu, ein riesiger Ozeandampfer, mit dem ich besser Freundschaft schließen sollte, schließlich würde ich die nächsten vier Wochen darauf verbringen. Morrow und seine Leute waren mit der Ausrüstung und dem Proviant vorausgereist, um die Formalitäten zu erledigen, in Bombay sollten wir zu ihnen stoßen und gemeinsam nach Darjeeling fahren.

Jemand tippte behutsam auf meine Schulter; ich fuhr zusammen und drehte mich unwillig um. Es war der Junge, er musterte mich scheu, aber mit unverhohlener Neugier und sagte höflich: "Sir? Vielleicht können Sie mir helfen. Ich suche Mr. Gareth Harper Preston. Sind Sie das?" Erstaunt nickte ich. Woher kannte er mich, und was wollte er von mir? Er schien ebenso irritiert wie ich, denn mit ungläubigem Nachdruck vergewisserte er sich, ob ich Professor Gareth H. Preston von der Universität Cambridge sei, dabei betonte er das Wort Professor, als wäre die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, eine Person gleichen Namens vor sich zu haben.

"Ja", antwortete ich. "Das bin ich." Erleichtert setzte er sein Gepäckstück ab. "Da bin ich aber froh", erklärte er. "Ich dachte schon, ich wäre zu spät." Und mit unverblümter Offenheit setzte er hinzu: "Sie müssen entschuldigen, Sir, aber ich habe Sie mir viel älter vorgestellt, weil Sie doch Professor sind."

"Sie sind nicht zu spät", sagte ich schroff und sah in sein glattes Oxfordboyantlitz. "Das Schiff liegt ja noch vor Anker." Ich verspürte einen gewissen Ärger auf Grant, das sah ihm ähnlich, halbe Kinder anzuheuern, dem Jungen spross ja kaum Flaum auf den Wangen. Mit dem athletischen Körperbau hatte Grant eindeutig übertrieben, der Junge wirkte fast schmächtig und war von höchstens durchschnittlicher Größe. Er ließ sich von meinem abweisenden Verhalten wenig beeindrucken, etwas, das für ihn sprach, aber ich bemerkte doch eine leise Verzagtheit an ihm. „Ich bin schrecklich aufgeregt, ich war noch nie so lange von Zuhause weg“, vertraute er mir an. „Es tut mir leid, wenn ich Sie gekränkt haben sollte, das ist alles so neu für mich.“

Sein Geständnis weckte eine Zuneigung in mir, wie ich sie häufig meinen Schülern gegenüber empfand, sie waren nicht viel jünger als der Knabe vor mir, und ich wusste, sie waren auf der Suche nach Anerkennung und Bestätigung, nach einer Herausforderung. Einige der Jungen nahm ich daher im Sommer jedes Jahr zu einer Studienfahrt in die Alpen, Timothy Milford hätte ebenso gut dabei sein können.

„Ist schon gut“, sagte ich. „Das verstehe ich vollkommen.“

„Wirklich?“ Er strahlte und präsentierte mir dabei weiße, in der unteren Reihe etwas schiefstehende Zähne.

„Oh, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Timothy Milford.“ Er hielt mir die Hand hin, in die ich einschlug, sein Händedruck war stark und kühl. „Gareth Preston“, sagte ich. „Ich freue mich, Sie kennen zu lernen, Timothy. – Gehen wir an Bord, ich habe noch nicht gefrühstückt.

Während ich in der Lounge meinen Tee nahm, schien Milford unruhig, er rutschte auf dem Stuhl hin und her wie ein hyperaktives Kind, sah sich ständig um, als erwarte er jemanden.

„Die anderen werden uns schon finden. Dr. Boothwell ist ein alter Freund von mir.“

„Ah“, machte er und entspannte sich etwas.

„Eine Frage, Milford. Woher wussten Sie, wer ich bin?“

„Ich habe es nicht gewusst, Sir“, sagte er. „Ich wäre im Leben nicht darauf gekommen, dass Sie Bergsteiger und Professor sind. Sie sehen eher aus wie ein ...“ Er biss auf seine Unterlippe und sah plötzlich verlegen aus, was mich einigermaßen belustigte.

„Wie sehe ich aus? Ein Dandy, stimmt’s? Ich trage keinen Bart und keine Brille, obwohl ich Gelehrter bin und in meiner Freizeit auf Berge klettere. Sagen Sie ruhig, was Sie denken.“

Er hielt es für klüger, zu schweigen und mir ein unsicheres Lächeln zu schenken, Gott weiß, was ihm der gute Grant alles über mich erzählt hatte. Schließlich wechselte er das Thema.

„Es macht mich unheimlich glücklich, ausgewählt worden zu sein. Auf der Schule hätten sie alle gern mit mir getauscht.“

Trotz aller Sympathie fühlte ich mich bemüßigt, seine Euphorie zu dämpfen. „Das wird kein Sonntagsausflug werden, Junge.“

Er lachte. „Dasselbe hat mir Mr. Grant schon gesagt. Keine Sorge, ich werde mein Bestes geben.“

Immerhin, er war mutig, gesund und von beneidenswerter Jugend, mehr hatte ich nicht gefordert. Timothy Milford war eine Kämpfernatur, das verriet mir sein ausgeprägter markanter Unterkiefer, den er entschlossen nach vorne schob. Auf physischer Ebene hatte er mit Sicherheit mehr zu bieten als eine harmlose Klettertour im Lake District. Die Hoffnung, ihn für Shakespeare erwärmen zu können, begrub ich einstweilen.

„Ihre Werte bei den Voruntersuchungen waren ausgezeichnet“, bemerkte ich.

„Waren sie das? Man hat sie mir nicht mitgeteilt. Ich könnte sowieso nichts damit anfangen.“

Unser Gespräch geriet ins Stocken; er sah zur Seite, was mir den Blick auf sein scharfgeschnittenes Profil ermöglichte, seine Haut war straff, die kräftigen Augenbrauen kontrastierten zu seiner hellen Haarfarbe, und die Wimpern waren dicht und langgezogen wie die eines Mädchens. An der Stirn entdeckte ich eine kleine violettschimmernde Narbe, die er noch nicht allzu lange haben konnte. Ich konnte nicht umhin, sie zu berühren. Er erschrak, es kam unerwartet.

„Woher haben Sie das“, erkundigte ich mich.

„Ich bin gestürzt. Mit dem Motorrad“, antwortete er ein wenig atemlos.

„Sagen Sie bloß. Ich fahre auch.“

Froh, einen gemeinsamen Nenner gefunden zu haben, fachsimpelten wir eine Weile über Indian und Triumph, bis Boothwell auftauchte, einen merkwürdig leblosen Burschen im Schlepptau, der Haskiell sein musste. Er entsprach in keiner Weise dem Bild, das ich mir von ihm gemacht hatte. Alles an ihm schien in die Länge gezogen zu sein, die wachsähnliche Blässe unterstrich die dunkel umrandeten hypnotisch wirkenden Augen, und er sah nicht so aus, als sei er pausenlos zu albernen Scherzen aufgelegt. Die vor der Brust verschränkten Arme wiesen auf die Sinnlosigkeit des Unternehmens hin, man spürte, dass er sich im tiefsten Inneren danach sehnte, an verstümmelten Gliedmaßen herumzusäbeln. Harvey Boothwell war munter und lustig wie immer, er schlug Milford kameradschaftlich auf die Schulter.

„Junges Blut, das tut gut“, reimte er gutgelaunt. „Haskiell und ich sind seit Menschengedenken unterwegs, ich muss erst mal ein Nickerchen machen, bin schließlich nicht mehr der Jüngste.“ Er zwinkerte Milford verschwörerisch zu und bequemte sich dann in seine Kabine, Haskiell folgte ihm wie ein zweiter Schatten, er hatte kein einziges Mal den verkniffenen Mund aufgetan.

Ich konzentrierte mich wieder auf Milford, der Junge faszinierte mich, ich wusste nicht so recht, was an ihm anders war als an seinen Altersgenossen.

„Wenn ich Maler wäre, würde ich Sie malen“, ließ ich ihn wissen, er sah zu mir auf, seine Stimme klang brüchig. „Sir?“

„Ich habe einen Freund in London, der malt. Wenn wir zurück sind, würde ich Sie ihm gerne vorstellen.“

„Das ist sehr liebenswürdig, aber ich ...“

„Sie müssen nicht alles glauben, was man sich erzählt“, unterbrach ich ihn. „Sie können die Einladung ruhig annehmen, meine Freunde beißen nicht.“

„Danke, Sir.“ Eingeschüchtert ob meines Interesses an seiner Person versuchte er, die Konversation in andere Bahnen zu lenken. Ein wenig schleppend meinte er: „Mr. Boothwell ist ein netter Kerl, oder?“

„Zumindest bemüht er sich.“ Mit dieser lapidaren Antwort wollte er sich nicht zufrieden geben.

„Der andere sieht aus wie ein Gespenst, finden Sie nicht?“

„Milford“, sagte ich. „Sie brauchen nichts zu sagen. Ich will Sie nur ansehen. Wissen Sie eigentlich, wie schön Sie sind?“ Abrupt und sichtlich schockiert erhob er sich, um sich gleich darauf erneut zu setzen, ein älteres Ehepaar am Nebentisch schaute neugierig zu uns herüber.

„Mr. Preston, Sir“, setzte er an und schnappte nach Luft, es tat mir leid, ihn aus der Fassung gebracht zu haben. „Sie sind sehr offen, daher will ich es auch sein. Es behagt mir nicht, wenn Sie so etwas sagen. Es liegt mir fern, Sie zu beleidigen, aber ich bitte Sie inständig, solche Äußerungen zu unterlassen.“

Ich war mir keiner Schuld bewusst, doch mir wurde klar, dass uns durch den enormen Altersunterschied Welten trennten, er war eine Generation, die eine Erziehung genoss, die sich gänzlich von meiner unterschied. In den Kreisen, in denen ich gelegentlich verkehrte, nannte man sie abfällig Prüderie.

Das Signal zum Ablegen ertönte, wir gingen an Deck, um den Daheimgebliebenen zuzuwinken, Boothwell und Haskiell bahnten sich einen Weg am Geländer entlang zu uns hinüber. Da schrie Milford laut auf, er wedelte wild mit den Armen und formte einen Trichter vor seinem Mund. „Mary!“

Ein Mädchen, das die blonden Haare unter dem Hut zu einen Zopf gebunden trug und einen Korb in der Hand hielt, reagierte auf sein Rufen, indem sie näher an den Quai trat, sie hüpfte anmutig über das Tau, das von zwei wettergegerbten Dockarbeitern routinemäßig aufgewickelt wurde.

„Sandy!“ rief sie hinauf. „Ich warte schon seit einer halben Stunde hier. Wo hast du gesteckt? Und was mache ich damit?“ Achtlos schwenkte sie den Korb, was nicht ohne Folgen blieb; der Inhalt, eine Lunchbox und eine Feldflasche, plumpste ins brackige Wasser. Die beiden Männer bugsierten sie zur Menge zurück, ich sah, wie sie ihre zierliche Hand zum Gruß ausstreckte und die Finger bewegte, etwas erschreckend Trauriges ging von dieser kleinen Geste aus.

„Ihr Mädchen, Milford?“ mutmaßte ich.

Er fluchte höchst unfein, für sein junges Alter eine beachtliche Leistung, ich sah mich um und hoffte, dass seine Ausdrücke nicht an die verwöhnten Ohren einer Dame drangen.

„Ich habe sie verpasst“, schimpfte er. „Das gibt es doch gar nicht!“

„Ist besser so, glaub’s mir, Junge“, schaltete sich Boothwell ein. „Abschiede tun weh, und Proviant gibt es hier im Überfluss, das Rotkäppchenfrühstück kannst du leicht verschmerzen.“

„Verdammt“, brüllte Milford, er vergaß sich regelrecht, aber angesichts seiner geringen Jahre verziehen wir ihm nachsichtig lächelnd. „Das Mädchen ist meine Schwester. Sie ist erst kürzlich von unserer Tante in Leeds zurückgekehrt, und ich wollte mich unbedingt von ihr verabschieden.“ Die letzten Worte kamen erstickt heraus, ich traute meinen Augen nicht, er kämpfte mit den Tränen. Behutsam legte ich den Arm um seine Schulter, vor Erregung zitterte er. „Sie werden sie doch wieder sehen“, sagte ich. Hilfesuchend lehnte er sich an mich, das Gesicht verbarg er halb am rauhen Stoff meiner Tweedjacke. Im nächsten Moment löste er sich, bewusst, dass er sich hatte gehen lassen; mit zerknirschter Miene ging er sehr gerade auf die steilen Stufen zu, die unter Deck führten.

„Ein seltsamer Knabe“, urteilte Boothwell an meinem Ohr.

„Er ist jung, mein lieber Boothwell“, sagte ich. „Die Unberechenbarkeit werden wir ihm schon austreiben.“

„Träum weiter, Preston“, entgegnete Boothwell unerbittlich, seine schwere, untersetzte Gestalt auf meine andere Seite schiebend, die einer unvergleichlichen Behendigkeit im Berg Lügen strafte. „Der wird uns Ärger machen mit seiner impulsiven Art. Als ob ich mit dem Doktor nicht schon genug zu tun hätte. Ist auch so ein komischer Kauz.“

Milfords Überreaktion verstimmte mich nicht, eher im Gegenteil, ich war fest entschlossen, ihn genauer kennen zu lernen. Dass er seine Schwächen zeigte, war meiner Ansicht nach kein Zeichen des Versagens, wir waren alle Menschen, Harvey und die Kollegen neigten schnell dazu, diese Tatsache zu vergessen.

Ich hatte nicht das Glück, eine Kabine mit dem Jungen zu teilen, obwohl ich es mehr als begrüßt hätte. Als Gesellschafter in den späten Abendstunden musste mir der eigenbrötlerische Haskiell genügen, ich stellte schon am ersten Tag fest, dass es an vergebene Liebesmühe grenzte, ihn zu einer Unterhaltung oder wenigstens einem Spiel zu bewegen.

Milford vermied es, sich in meiner Nähe aufzuhalten. Am nächsten Morgen, nach einer durchwachten Nacht, erwischte ich ihn an Deck. Er bastelte an einem Gerät herum, wobei er von Zeit zu Zeit vor sich hinmurmelte. Das Innenleben des Kastens hielt ihn völlig gefangen, sodass ich mich unbemerkt anschleichen konnte. Mir fiel seine Fingerfertigkeit ein, die Grant so lobend hervorgehoben hatte. Meine Ehrerbietung für eine solche Begabung, denn was mich anging, war ich handwerklich bemerkenswert unbedarft.

„Guten Morgen, Milford“, grüßte ich, er zuckte zusammen, sein Blick richtete sich vorwurfsvoll auf mich.

„Sie haben mich erschreckt, Sir.“

Ich ging in die Hocke, um mir das Objekt, das auf seinem Schoß ruhte, genauer anzusehen; nie zuvor war mir Ähnliches untergekommen.

„Was ist das?“

„Mr. Boothwells Kuckucksuhr“, sagte er gleichmütig. „Sie funktioniert nicht mehr.“

„Wozu in Gottes Namen braucht er eine Kuckucksuhr?“

„Ich weiß nicht.“ Es klang brüskiert, auch eine Spur Verachtung schwang darin. „Ich repariere sie jedenfalls.“

„Haben Sie Ahnung davon?“

„Ein bisschen. Aber das ist meine erste Kuckucksuhr. Mr. Boothwell scheint daran zu hängen. Er ist schon ziemlich sonderbar, nicht wahr?“

Ohne auf seine fragende Behauptung einzugehen, strich ich ihm das lange Deckhaar aus dem Gesicht, er trug es der Mode entsprechend, nur der Nacken war kurz.

„Ihre Schwester nennt Sie Sandy. Ihres Haares wegen?“

Er nickte. "Mein zweiter Vorname ist Alexander."

„Darf ich Sandy zu Ihnen sagen?“

Endlich blickte er mir direkt in die Augen, seine Pupillen weiteten sich. Vorsichtig legte er die Uhr auf den Boden, streckte die Beine und stand auf. Ich war bereit, in Deckung zu gehen, falls er es wagen würde, mir einen Linkshaken zu verpassen.

„Das wäre mir lieb, Sir. ‚Milford‘ hört sich so sehr nach meinem Vater an.“ Beschämt musterte er die Planken, der nächste Satz bereitete ihm Schwierigkeiten, er sprach so leise, dass ich mich vorbeugen musste. „ Ich habe mich gestern danebenbenommen, Sir, das soll nicht wieder vorkommen. Ich möchte mich vielmals entschuldigen. Normalerweise passiert mir das nicht.“

„Das hier ist auch kein Normalfall, Sandy. Es ist keine Schande, zu seinen Gefühlen zu stehen.“

„Nein, Sir, gewiss nicht. Trotzdem wäre mir wohler, wenn Sie es einfach vergessen.“

Mit unendlicher Sorgfalt nahm er die Kuckuckuhr an sich. „Sie sind sehr empfindlich“, erklärte er. „Ich fürchte nur, an einem Tag schaffe ich es nicht.“

Es war ihm unangenehm, über persönliche Dinge zu sprechen, noch dazu mit einem Fremden, das war nicht üblich und ziemte sich wohl nicht. Dennoch erlaubte ich mir einen zweiten Vorstoß.

„Sie lieben Ihre Schwester sehr, habe ich recht? Wie viele Geschwister haben Sie?“

„Fünf“, sagte er nach kurzem Zögern bereitwillig. „Vier Brüder und Mary.“

„Aber Mary haben Sie am liebsten?“

„Sie hat mich am liebsten“, antwortete er rätselhaft. „Meine Brüder kenne ich kaum. Ich glaube, ich bin ihnen peinlich. Sie sind alle so gescheit, wissen Sie. Der alte Herr hat mich nur nach Oxford geschickt, weil das bei uns Tradition ist. Er würde sich nicht auf die Straße trauen, wenn ich Klempner wäre.“

Beim Sprechen hatte er auf einer kleinen Holzbank Platz genommen, ich setzte mich neben ihn. Ich wünschte, er würde mehr aus sich herausgehen, ahnte jedoch, dass es falsch war, ihn zu drängen.

„Ingenieur ist doch ein ehrbarer Beruf. Mir scheint, dass Ihnen das liegt.“

„Ja, es macht Spaß. Ich habe schon als Kind gern Sachen auseinander genommen. Studieren wollte ich aber nie. Ich lerne nicht so fix wie meine Brüder. – Warum erzähle ich Ihnen das alles? Ich langweile Sie bestimmt nur.“

„Keineswegs“, beeilte ich mich zu versichern.

„Doch“, beharrte er. „Ich seh’s Ihnen an.“

Wie sollte ich es ihm erklären, offensichtlich war er es nicht gewohnt, dass man sich für ihn interessierte. Meine folgende Äußerung kam selbst mir zu gestochen vor.

„Ich bin Pädagoge, Sandy. Ich genieße den Umgang mit jungen Leuten. Und als stellvertretender Expeditionsleiter will ich wissen, aus welchen Männern die Gruppe besteht, ob sie zuverlässig sind, besonnen - “

„Dann verzichten Sie besser auf mich“, scherzte er. Ich drückte seine Schulter.

„Sie sind schon in Ordnung, Junge. Blamieren Sie mir den guten Grant nicht.“

 

~~~

 

Mitunter muss eine Vertrauensbasis hart erarbeitet werden; Sandy Milford machte es mir leicht. Er besaß einen freundlichen, unkomplizierten Charakter, der mir in Anbetracht Haskiells mürrischer Einsilbigkeit mehr als entgegenkam. Stets bereit, da zu sein, wo er gebraucht wurde, erfreute er sich bald auch Boothwells Wertschätzung, der anfangs – trotz kameradschaftlichen Tons - aufgrund Milfords Jugend und Unerfahrenheit mit Anspielungen und Sticheleien nicht sparte.

„Wenn er so klettert, wie er meine Uhr repariert hat, hängt er uns nach den ersten zehn Metern ab“, prophezeite er und boxte Milford derb, aber respektvoll in die Rippen. Milford hatte die halbe Nacht damit verbracht, das Ungetüm von Zeitmesser instand zu setzen. Das Ergebnis war so überzeugend, dass Haskiell ihm seine defekte Kamera in Obhut gegeben hatte. Der Ausspruch „Bring das doch Sandy, vielleicht kann er was retten“, wurde schon an Bord der Victoria zu einem geflügelten Wort.

Obgleich er den Gefährten mit Höflichkeit begegnete, blieb er zurückhaltend, fast schüchtern, doch ich bildete mir ein, etwas wie Freude in seinen lebhaften grünen Augen zu sehen, sobald ich ihm meine Zeit widmete. Indem ich ihm von meiner Familie und Kindheit berichtete, gab ich ihm zu verstehen, in ihm einen gleichberechtigten Partner zu akzeptieren, ich forderte ihn auf, zu fragen, wenn er Fragen hatte. Wir stellten erstaunliche Parallelen in unserem Lebenslauf fest; so waren wir nur wenige Kilometer voneinander entfernt aufgewachsen, und auch ich hatte in meinen Lehrjahren dem Ruderteam angehört, ein Zufall, der ihn besonders für mich einnahm. Ich bestand darauf, mit ihm gemeinsam an einem Tisch zu essen; in Gegenwart der beiden anderen sprach er nicht viel. Boothwell reagierte ein wenig eingeschnappt auf diesen Entschluss, denn Haskiell war selten in der Stimmung für eine geistreiche Unterhaltung, und so blieb dem alten Harvey nichts anderes übrig, als sich zu mitteilsameren Passagieren zu gesellen.

An einem dieser Mittagessen erläuterte mir Milford detailversessen den Aufbau von Haskiells Photoapparat, ein neues, aufwendiges Leica-Modell. Nicht zum ersten Mal verblüffte mich die Genauigkeit, mit der er technische Vorgänge erfasste und ihre Mechanik studierte, ich konnte die Kamera förmlich klicken hören, während ich seinen Ausführungen lauschte. Was familiäre Angelegenheiten betraf, gab er sich weiterhin verschlossen, doch es hatte den Anschein, dass ihn meine eigenen Verhältnisse überaus interessieren. Er war beeindruckt, als ich ihm ein Photo von Emily in die Hand drückte, was seiner Ansicht nach ein Beweis von beinahe unerhörter Intimität darstellte; man zeigte nicht einfach so herum, mit wem man Tisch und Bett teilte. Natürlich äußerte er diesen Gedanken nicht, aber es amüsierte mich, ihn in seinem Gesicht zu lesen.

„Sie ist sehr hübsch“, sagte er schließlich. „Sicher sind Sie glücklich mit ihr.“

„Ich hätte sie sonst nicht geheiratet. Haben Sie ein Mädchen, Sandy?“

Er ließ das Photo sinken, um es mir dann hastig zurückzugeben.

„Nein“, sagte er. „Ich kannte ein paar, aber das war ohne Belang.“

„Das glaube ich Ihnen nicht“, versetzte ich schmunzelnd. „Jede Wette, Sie haben ihnen die Köpfe verdreht und sie liebeskrank gemacht.“

„Sir!“ rief er empört aus. „Man sollte nicht denken, dass Sie aus einer Pfarrersfamilie stammen.“

Es oblag weiß Gott nicht meiner Absicht, aber ich schaffte es immer wieder, den Jungen in eine für ihn prekäre Lage zu manövrieren; etwa, als ich mein Rasiermesser nirgends vorfand und mir Boothwells borgen wollte. In der Annahme, den Freund in der Kabine zu finden, klopfte ich nicht an, sondern platzte ohne Vorwarnung herein, wie es bei uns Usus war. Drüben bei der Waschnische, die das luxuriöse Badezimmer vorausschickte, stand Milford, ein Handtuch um die Hüften geschlungen, der Schreck über mein ungebetenes Eindringen war ihm deutlich anzumerken. Das nasse, dunkle Haar legte den Schluss nahe, dass er gebadet hatte, im Raum roch es nach Seife und Rasierwasser. Ich hatte mich nicht lange aufhalten wollen, aber ich konnte mich dem Anblick seines jungen, festen Körpers nicht verschließen. Mein erster Eindruck hatte mich schwer hinters Licht geführt; er war schlank, aber durchaus nicht schmächtig, in seiner Nacktheit erschien er mir nahezu perfekt. Milford war es, der als erster das Wort ergriff.

„Mr. Preston? Kann ich Ihnen helfen?“

Ich trat ein paar Schritte näher, woraufhin er ein Stück zurückwich und gegen das Waschbecken prallte, sein Mundwinkel verzog sich etwas nach unten.

Ich erklärte ihm mein Anliegen, und sofort beförderte er mit zielstrebiger Selbstverständlichkeit seine Rasiergarnitur aus einer Tasche und reichte sie mir.

„Sie können meine haben.“

„Sandy“, sagte ich. „Drehen Sie sich um, bitte.“

„Sir?“

Anstatt zu antworten, fasste ich ihn bei den Schultern und wandte seine Vorderseite dem Spiegel zu; anerkennend ließ ich den Blick von seinen glänzenden Schulterblättern über den geraden Rücken bis hin zu den schlanken Beinen gleiten. Seine gesamte Haut war von einem verlockenden Goldton. Im Spiegelglas suchte er ängstlich einen Fluchtweg; einen Jungen mit seiner Vorstellung von Sittenstrenge musste ein solches Gebaren befremden.

„Sir“, begann er von neuem, er klang angemessen verzweifelt und bemühte sich, es nicht zu vordergründig zum Ausdruck zu bringen. „Ich glaube doch, dass Sie haben, was Sie suchten.“

„Oh“, sagte ich, tatsächlich war mir der ursprüngliche Zweck meiner Anwesenheit für eine Sekunde entfallen. Ich nahm die Hände weg. Wie um Schutz zu suchen, knotete er das Handtuch fester, die Gehetztheit in seinen Augen verlor sich allmählich.

„Ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen“, entschuldigte ich mich.

„Das haben Sie aber“, präzisierte er knapp.

„Ich schaue Ihnen nichts ab“, beruhigte ich ihn, er sah mich an, als sei er sich da nicht so sicher.

„Es tut mir leid, Sir, aber – ich bin Ihre Freizügigkeit nicht gewohnt.“

„Das braucht Ihnen nicht leidzutun. Ich werde es mir merken. Ich bin nur froh, dass man Sie mitgeschickt hat. Sie sind  - wie man so sagt - eine gute Partie.“

Ein breites Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Ich werde Sie nicht enttäuschen, Sir.“

 

~~~

 

Noch Stunden später kreisten meine Gedanken um Milford, spürte ich die geschmeidigen Muskeln unter den Fingerspitzen. Ich saß in unserer Kabine, eine Karte des tibetischen Hochlandes vor mir; leichtsinnigerweise hatte ich Morrow versprochen, einen Marschweg zu konstruieren. Bis in die Sikkimregion würde uns die Expedition durch subtropische Vegetation führen, ein Gebiet, auf das ich mich trotz der dort vorherrschenden drückenden Schwüle besonders freute. Die atemberaubendsten, farbenprächtigsten Pflanzen gedeihen in diesen Gefilden. Schade nur, dass uns wieder einmal ein versierter Botaniker fehlte. Grant und Anthony Witherspoon, seines Zeichens Arzt und passionierter Sammler, waren beide Geologen. Nach den Steppen und Hochgebietsweiden, für die Morrow sich um die robusten tibetischen Ponys kümmern wollte, käme die Felswüste bis hinauf zum Rongbukgletscher, der nur mit Yaks als Lastentiere passierbar war. An dessen auslaufender Zunge würde noch, wie ich hoffte, das alte Basislager I stehen. Wenn wir das erreicht hätten, würde es erst schwierig, der Ost Rongphugletscher und der Changtse bis hinauf zum Nordostsattel des Everest waren zu jeder Jahreszeit vereist. Ich war eher in der Felskletterei zuhause und fühlte mich in Eis und Schnee daher etwas befangen. Das letzte Stück der Route würde ich vorsichtshalber mit Morrow vor Ort besprechen. Zu dieser Entscheidung gelangt, kritzelte ich gelangweilt auf dem Papier herum; Haskiell, dem sonst kaum etwas außergewöhnlich vorkam, baute sein hageres Gestell neben mir auf.

„Sie sind nicht bei der Sache, Preston“, sagte er tadelnd. Ich sah zu ihm auf, seine Augen waren in dem dämmrigen Leuchtkegel der Laterne nicht zu erkennen.

„Was halten Sie von Timothy Milford?“

„Ein talentierter junger Mann“, sagte er, mich wunderte, dass er überhaupt zu irgendeiner Meinung fähig war. „Und körperlich in einwandfreier Verfassung.“

Das Urteil des Doktors war es, welches in mir einen geradezu wahnwitzigen Einfall reifen ließ. Falls wir es bis zum Gipfel schafften, sollte Milford mein Begleiter sein. Ich hatte schon ein paar meiner Schüler auf Viertausender mitgenommen, fünfzehnjährige Knaben, die noch nie vorher in ihrem Leben den Fuß auf einen Berg gesetzt hatten. Milford war mit Zwanzig geschickter, zuverlässiger und - was am wichtigsten war - verständiger. Außerdem verfügte er über fundiertes technisches Wissen; es widerstrebte mir zwar, doch möglicherweise mussten wir den neumodischen Sauerstoff einsetzen, und Sandy war, wie Grant betont hatte, auf dieser Ebene ein As. Je länger ich darüber nachdachte, desto absurder wurde der Gedanke, mit dem phlegmatischen Grant den Aufstieg zu wagen. Ich wollte Milford!

 

~~~

 

Die Tage und Nächte an Bord glichen einander wie ein Ei dem anderen; wir fielen einer mörderischen Müdigkeit und Langeweile anheim und verzehrten uns danach, ein Fleckchen Land zu sichten, das auf sich warten ließ. Gelegentlich überredete ich Boothwell und Milford zu einer Runde Crocket, was nur mäßig die Eintönigkeit zu durchbrechen vermochte. Haskiell wurde von Tag zu Tag merkwürdiger, keiner unternahm mehr den kläglichen Versuch, ihn in unsere müßigen Tätigkeiten miteinzubeziehen. Letztendlich suchte sich die Reisekrankheit ihr erstes Opfer in Boothwell; er war zu stolz, um zuzugeben, dass es ihm schlechtging, und der Erfolg war, dass wir einen Maat beauftragen mussten, ihm hinterherzuwischen, denn er erbrach sich ohne Unterlass. Auch der junge Sandy hatte sich der heimtückischen Übelkeit zu erwehren, Haskiell verordnete ihm Pillen, von denen Boothwell misstrauisch bekundete, sie seien vergiftet. Wenn schon, würde er auf eigene Verantwortung sterben. Wenigstens halfen sie, Milford auf den Beinen zu halten, Harvey Boothwell boykottierte konsequent die Mahlzeiten und war meist in seiner Kabine anzutreffen, einen Eisbeutel wehleidig an den Schädel gepresst. Der Wetterumschwung trug nicht zwingend zu einer Besserung bei, alle außer Haskiell hatten darunter zu leiden. Er schien gegen alles und jeden resistent zu sein, eine Eigentümlichkeit, die Boothwell in Rage versetzte.

„Das ist doch kein Mensch“, tobte er. „Der Kerl bringt mich noch ins Grab mit seiner blasierten Vornehmtuerei.“

„Seine Zähigkeit kann der Gruppe nur zugutekommen“, verteidigte ich ihn. Boothwell machte eine wegwerfende Handbewegung. „Unsinn! Bei nächster Gelegenheit blase ich ihm den Marsch, darauf kannst du dich verlassen.“

 

In der Halbzeit der Reise fand ein Ball im Salon statt; Boothwell, immer noch elend, bat mich, ihn würdig zu vertreten. Ich hatte nicht viel übrig für derlei Veranstaltungen und hätte es lieber wie Haskiell gehalten, der missmutig ein Glas Champagner umklammerte und finster vor sich hinstierte. Für Milford dagegen bedeutete das Fest eine willkommene Abwechslung vom Schiffsalltag, er lachte und scherzte mit den überwiegend älteren Herrschaften, bewegte sich gewandt im Wirrwarr von Reifröcken, Fracks, Unmengen von schwerem Parfum und forderte manches verschämt kichernde Mauerblümchen galant wie ein vollendeter Gentleman zum Tanz auf. Man sah ihm an, dass dies bunte Treiben seine Welt war, wahrscheinlich konnte er mit fünf Jahren schon sämtliche Standardtänze aus dem Ärmel schütteln und dazu seichte Konversation betreiben.

„Sie gefallen den Damen, Sandy“, bemerkte ich, als er nach dem dritten Walzer in Folge beschwingt an meinem Tisch Platz nahm und, ganz Weltmann, einen Cognac bestellte.

„Oh, Sir“, sagte er, nach Atem ringend, „Ich wusste gar nicht, dass sie hier eine Feier geben.“

Ich gab der Versuchung nach, ihn zu necken.

„Der Kapitän hat Geburtstag“, erklärte ich vollkommen ernst. Meine steinerne Miene machte nicht den geringsten Eindruck auf ihn.

„Dann sollte er jeden Tag Geburtstag haben“, kommentierte er trocken, um dann den Cognac in einem Zug hinunterzustürzen. Ein Kellner mit einer Obstschale umtänzelte werbend den Tisch, Sandy schnappte sich übermütig eine Apfelsine, jonglierte sie über seinem Kopf und schälte sie anschließend sorgfältig, eine Hälfte legte er auf meinen Teller.

„Ich mag das Weiße nicht“, raunte er mir ausgelassen zu; ich registrierte mit Vergnügen, dass der Cognac nicht sein erster Drink gewesen sein konnte: So kannte ich ihn gar nicht.

„Aber sonst fühlen Sie sich wohl?“ forschte ich lächelnd.

„Mr. Preston“, sagte er, plötzlich wieder ernst. „Ich stehe tief in Ihrer Schuld. Ich weiß, dass Sie es waren, der sich für meine Teilnahme eingesetzt hat, das werde ich Ihnen nie vergessen.“

„Bedanken Sie sich nicht zu früh. Vielleicht bereuen Sie es noch.“

„Oh nein. Allein Sie kennen zu dürfen, ist eine Ehre. Ich laufe zuhause in Zukunft nur noch mit stolzgeschwellter Brust durch die Straßen.“

„Sie haben zuviel getrunken“, sagte ich, den Mund hinter zwei Fingern verbergend, damit er mein Lächeln nicht sah. Für einen Augenblick runzelte er die glatte Stirn.

„Sie sind - Professor, richtig? Was unterrichten Sie?“

„Mathematik, Geschichte und Französisch.“

„Uh“, sagte er, Abscheu lag darin. „Französisch.“

„Nicht Ihr Spezialgebiet?“

„Eher würge ich zwei Dosen von diesem ekelhaften Kaviar hinunter als einen Satz Französisch fehlerfrei zu formulieren.“

„Das muss ja wirklich übel sein.“

„Katastrophal“, sagte er und lachte, ich mochte sein Lachen, es war natürlich und ungehemmt. „Mein Vater war erst beruhigt, nachdem er erfuhr, dass Sie Lehrer sind.“

„Sie sind eigenartig, Sandy.“

„Finden Sie? So wie Sie das sagen, klingt es wie ein Kompliment.“

Das jäh einsetzende Orchester vereitelte meine Versicherung, dass es wie ein solches gemeint war; eine unerschrockene junge Dame packte ihn am Arm und zerrte ihn auf die Tanzfläche, ehe wir wussten, wie uns geschah. Ich beobachtete ihn scharf, seine Schritte zeugten nach wie vor von einer eleganten, schlafwandlerischen Sicherheit, offenbar berauschte er sich lediglich an der gediegenen Atmosphäre und dem betäubenden Rosenduft, der den die Flügeltür flankierenden Porzellanvasen entströmte.

 

~~~

 

Wenige Tage vor unserer planmäßigen Ankunft hatten wir heftigen Seegang, so dass ich die Kabine des bemitleidenswerten Boothwell aufsuchte, um mich davon zu überzeugen, dass er einen Eimer an seiner Pritsche stehen hatte. Das Schiff knarzte und knackte in allen Fugen, mir wurde selbst ganz anders, als ich steifbeinig über den Flur taumelte.

Abgesehen davon, dass sein Gesicht eine fast gemeingefährliche Blässe aufwies, behauptete Boothwell, ausreichend bei Kräften zu sein. Milford befand sich nicht in seiner Gesellschaft, wie ich besorgt feststellte.

„Er wird in der Lounge sein“, ächzte Boothwell. „Hat sich mit dem Kapitän ein bisschen angefreundet, scheint mir. An der Teufelserfindung (er meinte den Dampfer) hat der Junge einen Narren gefressen.“

Ich klopfte ihm dankend auf den Rücken und machte mich auf, doch in der Lounge und im menschenleeren Salon war er nicht. Da beschlich mich eine beängstigende Ahnung. Was, wenn er an Deck gegangen war? In seiner jugendlichen Gier nach Nervenkitzel würde er darin wahrscheinlich einen Riesenspaß vermuten. Ich stürmte nach oben, und dort stand er tatsächlich, die Unterarme lässig auf die Reling gelegt und leicht nach vorne gebeugt.

„Milford!“ schrie ich gegen die Böen an, ich hatte Mühe, mich aufrechtzuhalten. Er wandte sich mir zu, überrascht und ein wenig schuldbewusst. Es kostete mich einen beträchtlichen Teil meiner Willenskraft, zu ihm aufzuschließen, der Sturm riss wie von Sinnen an meiner Kleidung.

„Sie Wahnsinniger! Wissen Sie, was Sie da tun?! Wer sollte Sie retten, wenn Sie über Bord gehen? Der Heilige Geist etwa?“

„Aber ich ...“

Grob fasste ich sein Handgelenk, er schrie leise auf, verbiss sich jedoch einen verbalen Protest.

Ich musste einen furchteinflößenden Anblick bieten in meinem Zorn über seine Unbedachtsamkeit, denn er duckte sich und blickte mich mit angstvoll aufgerissenen Augen an. „Bitte nicht schlagen, Sir.“

„Ich fasse es einfach nicht, Milford. Ich hätte Ihnen mehr Weitsicht zugetraut.“

Der Weg zur rettenden Luke glich einem Kräftemessen, Milford, der mit einer Standpauke rechnete, sträubte sich, und mir kam der Verdacht, dass sein Verhalten, wenngleich es im ersten Moment albern anmutete, tiefere Wurzeln hatte.

Da er völlig durchnässt war, nötigte ich ihn, an der Bar einen Whisky zu sich zu nehmen, bevor ich ihn in meine Kabine schickte, ich wollte unter keinen Umständen, dass Boothwell davon Wind bekam, seine Spötteleien würde ich den Rest der Reise zu ertragen haben. Haskiell war weiß Gott wo, ehrlich gesagt kümmerte es uns nicht, er tauchte immer irgendwo wieder auf. Ich drückte Milford auf die Pritsche und schickte mich an, aus seiner Kabine trockene Kleidung holen zu wollen, dabei hoffte ich,  Harvey möge im Reich der süßen Träume schlummern.

„Bitte machen Sie sich keine Mühe, Mr. Preston“, hielt mich Milford zurück. „Ich habe nur noch meinen guten Anzug im Schrank, die anderen Sachen sind in meinem großen Koffer, der wohl schon in Indien steht.“

„Grundgütiger! Dann müssen wir Ihnen Kleidung von mir anziehen.“

Ich lehnte meinen Rücken an die Tür, zog die Brauen hoch und kreuzte abwartend die Arme, damit musste er jetzt fertigwerden, ungestraft sollte er mir nicht davonkommen. Er tat, als sei ich Luft für ihn, rubbelte sich in aller Seelenruhe ab und schlüpfte in meine bereitgelegten Sachen. In der Statur ähnelten wir uns; dass ihm die Hosen ein paar Zentimeter zu lang waren, fiel nur kritischen Schneidern auf, zu deren bewundernswürdiger Zunft glücklicherweise weder Boothwell noch Haskiell zählten.

„Mr. Preston, Sir (ich fand es rührend, wie er immer dieses „Sir“ nachschob), Sie erzählen den anderen doch nichts davon?“

„Bin ich des Wahnsinns so wie Sie, Milford? Mein tadelloser Ruf hängt von Ihrem kindischen Benehmen ab.“

„Sir ... „, sagte er, wobei er reuevoll den Kopf senkte. „Kann ich das irgendwie wiedergutmachen?“

„Ja“, erwiderte ich augenzwinkernd. „Wenn Sie meine Sachen nicht mehr brauchen, hätte ich sie gerne wieder zurück.“

Leider hatte Boothwell vermutlich Spione an Bord, es war der erste Tag, an dem er sich wieder frohgemut an der Bar einen Scotch nach dem anderen gönnte. Ich sagte nicht nein, als er mich einlud.

„Du hast mit Milford eine kleine Auseinandersetzung gehabt, ja? Na, mach dir nichts daraus, er ist ja noch ein Junge. Die Unberechenbarkeit werden wir ihm schon austreiben. Das waren doch deine geschätzten Worte?“ Er brüllte, als hätte er einen guten Scherz zum Besten gegeben. Obwohl ich seinen rauhen Umgangston gewöhnt war und durchaus nicht zimperlich, fühlte ich mich gedemütigt.

Meinen Sündenbock fand ich in Haskiell, er war während des Sturms draußen an Deck spazierengegangen, um –wie er sich ausdrückte - frischen Sauerstoff aufzunehmen. Es war bezeichnend, dass er unbemerkt geblieben war, nicht mal Sandy hatte gewusst, dass ihm Haskiell als personifizierter Schutzengel gefolgt war. Milfords erste Bemerkung zu Haskiell traf den Nagel auf den Kopf; der Mann schlich wie ein Gespenst umher, und er schien überall zugleich zu sein. Einerseits konnte sein Eifer für uns sicher hilfreich sein, doch ich empfand seine Gegenwart als nicht sehr erholsam, und den Gefährten schien es ähnlich zu gehen. Besonders über Boothwells gelegentliche Ausbrüche machte ich mir Sorgen, wo ihn sonst nichts so schnell aus der Ruhe brachte. Ich hoffte, dass die restliche Gruppe, die hauptsächlich aus erfahrenen Männern bestand, ausgleichend auf Haskiells wenig anpassende Ader wirken würde. Einzelgänger bedeuten bei Unternehmungen dieser Art ein großes Risiko.

Die weitere Fahrt verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle. Mitte März, es wollte mir an diesem Tag heisser erscheinen als an den vorangegangenen, polterte Milford die Stufen hinunter, ergriff aufgeregt meinen Ärmel.

„Indien!“ sagte er atemlos. „Wir sind da.“

Wir übrigen wussten die Neuigkeit nur wenig zu huldigen, zu mächtig war die Lethargie und Monotonie, die uns übermannt hatte. Kurz darauf brach frenetischer Jubel aus, als der Kapitän unsere Position bestätigte, Erleichterung machte der ermüdenden Anspannung Platz, dass die Reise auf dem schwimmenden Hotel nun endlich überstanden war. Doch für Boothwell, Haskiell, Milford und mich begannen jetzt erst die eigentlichen Strapazen.

Am Pier rüstete sich unser Empfangskomitee, drei hochgewachsene aristokratische Gentlemen, namentlich Porter Grant, Daniel A. Morrow und Ralph Stillwater, letztgenannter nicht nur ein fabelhafter Kollege, sondern ein lieber Freund, mit dem ich meine Leidenschaft für Lyrik im allgemeinen und Shakespeare im besonderen teilte. Wir hatten Stunden im Zelt damit verbracht, uns gegenseitig aus Gedichten vorzulesen. Er war der vierte Mediziner im Bunde, und wenn ich mich für einen der lieben Doktoren entscheiden müsste, würde ich ihm das Privileg der Erstuntersuchung gestatten.

Grant, einen alten Kolonialherrenhelm zum Schutz gegen die Hitze tragend, stellte Milford vor, schließlich kannte er ihn länger als ich. Merkwürdigerweise zeigte dieser keine große Wiedersehensfreude, dafür begrüßte er Morrow und Stillwater mit eben jener zurückhaltenden Formalität, die typisch ist für einen Fremden, der in vertraute Kreise eingeführt wird.

Später lernte er im Hotel die übrigen Teilnehmer kennen; den irischen General Liam Quinley mit seinem Neffen Aidan, Dr. Witherspoon aus Wales, dessen farblose Augen noch hypnotischer und verstörender in die Welt schauten als Haskiells, Kenneth O‘ Leary, der die Expedition filmisch dokumentieren wollte und den im letzten Jahr mit achtundzwanzig Jahren jüngsten Kletterer, Sheldon Reeves. Mit Ausnahme von ihm freute ich mich wirklich, sie alle wieder umarmen zu können. Reeves war der Sohn eines Diplomaten, Sprachforscher und hielt es für einen Sport, andere zu beleidigen und zu provozieren. Man musste sich ein dickes Fell zulegen, um seinen Bosheiten gewachsen zu sein.

Milford tat mir ein bisschen leid, sein Blick suchte während des ganzen Abends ein vertrautes Gesicht, sogar Haskiell wäre ihm wie eine Erlösung erschienen, erzählte er mir. Der war jedoch wie üblich verschwunden, und Boothwell und ich waren von Stillwater und Grant gänzlich in Beschlag genommen worden. Sandy und ich waren die letzten, die das Foyer weit nach Mitternacht verließen.

„Meinen Sie, ich kann mir irgendwann ihre Namen merken? Sie wirken alle so streng, man traut sich gar nicht, den Mund aufzumachen.“

„Der General war ganz entzückt von Ihnen“, sagte ich. „Und Morrow sagte mir, wenn er einen Sohn hätte, sollte er so sein wie Sie.“

„Mr. Morrow kennt mich doch gar nicht“, gab er überrascht zurück.

„Sie haben doch mit ihm gesprochen“, erinnerte ich ihn.

„Ich habe mit so vielen Leuten gesprochen heute Abend“, stöhnte er. „Mir schwirrt der Kopf.“

„Tun wir Ihrem armen Kopf etwas Gutes und gehen noch ein Stück. Die Nacht ist viel zu lau zum Schlafen.“

Das Bild einer Stadt wie Bombay, in der die Zivilisation trotz aller Bemühungen noch in den Kinderschuhen steckte, musste einem Mittelklassejungen aus der Nähe von Manchester verheerend erscheinen, von dem Gestank der überquellenden Abfälle und Exkrementen auf den schlecht ausgebauten Straßen ganz zu schweigen. Ein in Lumpen gehüllter Inder schoss aus dem Dunkel der ruinenhaften Gebäude auf uns zu, in verständnislosem, unheimlichen Singsang um eine Krume Brot bettelnd. Wohl um Milfords Irritation wissend, legte ich den Arm um seine Taille, zog ihn aber, gedenk der Tatsache, dass ihm die Geste unangenehm sein könnte, nach kurzer Zeit zurück.

„Das ist also Bombay“, sagte er tapfer. „Wer darauf wohl gekommen ist?“

„Wären Sie jetzt nicht lieber in Ihrem geruhsamen Oxford?“

Er antwortete nicht, doch zu meiner Verwunderung hakte er sich bei mir ein.

„Es war ein bisschen viel für heute“, sagte ich. „Lassen Sie uns zum Hotel zurückgehen. Ich will das Frühstück nicht versäumen, Grant behauptet, man speise vorzüglich dort. Und bevor ich meinen Gaumen nicht selbst davon überzeugt habe, tendiere ich dazu, das Gegenteil zu glauben.“

Wir wünschten einander gute Nacht, oder besser das, was davon übrig war. Ich sah ihm nach, wie er in seinem leicht schlendernden Gang den mondänen Flur abging; Morrow hatte ihm ein Zimmer mit Reeves zugeteilt, in der Annahme, unsere beiden Junioren hätten sich viel zu sagen.

Etwas Wehmut und – ich gebe es zu - ein Anflug von Neid stieg in meine Kehle, als ich ihn so arglos die Diele entlangwandern sah. Ich konnte ihm gut nachempfinden; dieses nervöse Kribbeln in der Magengegend, das Hin- und Hergerissensein zwischen Abenteuerlust und dem Drang, alles stehenzulassen und in den Schoß der Gewohnheit zu flüchten, weil alles so fremd, ja, exotisch anmutete.

„Sandy“, rief ich leise, er drehte sich um und blieb stehen, eine kurze Stille entstand. „Sie sind ein guter Junge.“

Aus Rücksicht auf Morrow, meinen Zimmergenossen, machte ich kein Licht. Der Koffer, der mitten im Raum stand, machte meine edle Gesinnung zunichte, mit einem schauerlichen Getöse schnappte das Schloss auf. Aus einer Ecke ertönte Morrows ruhiges, überlegtes Organ; offensichtlich hatte er nicht geschlafen.

„Er ist nett anzuschauen, dein Oxfordknabe. Adrett. Wohlerzogen obendrein. Aber ein Experiment, vergiss das nicht.“

„Grant sagt ...“

Er schaltete das Nachtlicht ein, fuhr sich mit der feingliedrigen Hand durch das schwarze verstrubbelte Haar und blies die hohlwangigen Backen auf.

„Es ist mir egal, was Grant sagt. Der Junge ist ein Neuling, und da er zu dir augenscheinlich zarte Bande geknüpft hat, erwarte ich von dir, dass du ihn an die Kandare nimmst, verstanden? – Mein Gott, Preston, er ist noch ein halbes Kind!“

„Mit ganz erstaunlichen Fähigkeiten.“

Brummend zog er sich die dünne Leinendecke übers Gesicht. „Das muss sich erst noch herausstellen.“

 

 

 

 

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